Ich war noch nie in Halle. Okay, mit dem Zug bin ich schon oft daran vorbeigefahren. Dennoch habe ich eine Verbindung zu dieser Stadt, die wie im Dornröschenschlaf zwischen Berlin und Leipzig liegt. Anfang des Jahres klingelte mein Telefon und es war doch tatsächlich jemand aus dem Stadtmuseum in Halle dran, der mir erzählte, dass sie in der aktuellen Bauhaus-Ausstellung auch einige Exponate von Jenny Gertz ausgestellt hätten. Sie hätten einfach mal Jenny Gertz gegoogelt und da wäre ich als Expertin erschienen und sie möchten mich einladen für einen Museumsdialog in Halle.
Ich habe gefreut wie ein Honigkuchenpferd!
Denn ich hatte von dieser Ausstellung und den Exponaten von Jenny Gertz schon erfahren und überlegte schon die ganze Zeit, wann ich mal endlich nach Halle fahren könnte… so war dies wie eine Fügung die mir ins Haus flatterte. Wer Jenny Gertz war erzähle ich ein wenig weiter unten, denn jede Geschichte braucht ja irgendwie einen Anfang.
So stehe ich an einem Sonntag im Mai in Halle am Bahnhof und genieße die Aussicht. Alles ist so wunderbar blau und grün, die Luft duftet ganz frisch, es ist ruhig und ich überlege mir welchen Weg ich einschlagen soll. Da sehe ich einen Vater mit seiner Tochter und frage sie kurzerhand ob sie mir helfen könnten, ich würde gerne zum Stadtmuseum. Kurzerhand nahmen sie mich mit, denn sie gingen in die gleiche Richtung – irgendwann verließen sie mich und ich ging weiter…
war beeindruckt von der historisch wunderschönen Altstadt die ganz malerisch vor mir lag und stand dann irgendwann auf dem Marktplatz der so weitläufig aussah, wie der Marktplatz in Venedig. Angekommen im Stadtmuseum in Halle begrüßte mich dieses Schild
und der Pförtner mit einem strahlenden Lächeln und sagte: “Sie sind extra aus Berlin zu uns gekommen!” So eine Begrüßung war ein grandioser Auftakt für diese Veranstaltung. Ich ging nach oben in den Christoph Wolff Saal, wo mir gleich mal ein Riesenspruch ins Auge: “Wozu sind Fragen gut?” Ich bin aber sowas von richtig hier, war meine erster Impuls! Wenn Du mich persönlich kennst weißt Du, dass ich gerne Fragen stelle.
Ich richtete alle Materialien ein, begutachtete mit Frau Zimmermann, der Kuratorin, einige besondere Exponate und stellten den Herrn Wolff der in einem LCD-Rahmen drinhängte und seine Geschichten unaufhörlich erzählte mal auf Pause, denn er war eine Quasselstrippe 😉. In der Hallenser Zeitung war eine Pressemitteilung für diesen Tag angekündigt: Themenführung zu Jenny Gertz, Pionierin des Kinder- und Jugendtanzes in den 1920er Jahren. Frau Zimmermann und ich waren ganz gespannt wieviele Menschen kommen würden… so schlenderten wir gemütlich nach unten, um die Museumsbesucher zu der Themenführung zu Jenny Gertz willkommen zu heißen. Leuchtende ältere Augen schauten mich an und sagten:
“Wir haben bei Jenny getanzt!”
Ich war so berührt, dass mir fast die Tränen gekommen sind, denn ich überlege schon seit längerer Zeit, ob es noch lebende Menschen gibt, die in ihren Kindheitstagen mit Jenny getanzt haben und wo ich sie finden kann. Und dann stehen sie einfach vor mir und haben mich gefunden. Es war ein Wunder!
Doch wer war Jenny Gertz denn überhaupt?
Jenny Gertz (1891 – 1966) war Tanzpädagogin und hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht die Kreativität und die Einzigartigkeit jedes Kindes durch den Tanz zu fördern. So war sie eine der ersten TanzpädagogInnen, die jenseits von Übungsabfolgen für Erwachsene verpackt in Kindergeschichten, Ende der 1920er Jahre Kinder und Jugendliche im Tanz unterrichte. Sie war eine Pionierin auf diesem Gebiet und hatte eine spezielle Gabe, jeden in seiner Individualität zu sehen und dennoch immer in Beziehung mit seinen Mitmenschen zu sein. Sie gehört zu einer der unbekannten ReformpädagogInnen.
Sie war eine Meisterschülerin Labans und das Leben legte ihr viele Steine in den Weg, so wurde sie nach einer Vorstellung in Halle verhaftet, sie erhielt Berufsverbot. So emigrierte sie 1933 zuerst in die Tschechoslowakei und dann anschließend nach England. Nach dem Krieg kehrte sie 1947 zurück nach Halle, begeistert von dem kommunistischen Konzept kam sie dem Wunsch nach, zurückzukehren – sie eröffnete einen Kinderclub. Doch leider war die DDR nicht bereit für ihre Arbeit, sie war unbequem. Sie lehrte den Kinder und Jugendlichen zu denken, sodass sie aus dem Staatsdienst entlassen wurde. Bis zu ihrem Lebensabend hielt sie immer an ihren Visionen fest.
Doch kommen wir zurück zum Museumsdialog… Frau Zimmermann fragte mich weshalb und wie ich auf Jenny Gertz gekommen sei? Seit vielen Jahren bin ich auf der Suche nach den Ursprüngen und Wurzeln des Kindertanzes, denn die große Frage für mich war:
“Wie kann ich und auch andere TanzpädagogInnen den Kindertanz weiterentwickeln, wenn wir die Ursprünge und Wurzeln nicht kennen?”
Da es keine Publikation zu diesem Thema gab, machte ich mich selbst auf die Socken um zu diesem Thema zu forschen und so landete ich im Tanzarchiv in Leipzig und habe mich durch seeeeehr viel Ordner gearbeitet. Frau Zimmermann fragte mich wie denn so ein Tanzunterricht ausgesehen haben könnte mit Jenny Gertz?
Nun sagte ich… ich habe ein Tanzstück “Jennys Fotoalbum” gemacht und versucht das Material zu rekonstruieren, durch Fotos und Texte. Herausgekommen sei ein Stück welches ich mit den Kindern an einem Wochenende in Berlin gemacht habe. Gemeinsam sahen wir uns das Stück an und ich war natürlich unglaublich aufgeregt, denn kommt die Rekonstruktion an das Original heran, hatte ich die Inhalte vielleicht falsch aufgegriffen…? Okay – ich hatte ein großes Kopfkino während der Film lief.
Nachdem der Film beendet war, fragte mich Frau Zimmermann Fragen, aber ich wollte ja nun doch unbedingt wissen inwiefern die Rekonstruktion an das Original reichte und fragte die »Kinder von Jenny«.
Strahlende Augen blickten mich voller Rührung an und sagten:
“Genau so wars!”
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Wir hatten einen fabelhaften Nachmittag zusammen, schauten Fotos an, ich lauschte Geschichten und ja wir tauschten Telefonnummern… denn wir werden uns auf ein Pläuschen treffen und ich darf Geschichten aufnehmen, Fragen stellen um dieses wertvolle Material für die kommenden Generationen festhalten zu können.
Danke fürs reinlesen. Wir lesen, hören oder sehen uns
Deine Stefi
PS: Jennys kostbares Erbe gibt es als Videofortbildung – es ist eine meiner schönsten Fortbildungen. Es ist eine ganz besonders einzigartige Möglichkeit in den Kindertanz einzutauchen.
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