Wir bauen eine Autobahn nach Italien
– wie neue neuronale Verknüpfungen im Tanzunterricht entstehen

Irgendwie ist es schon cool was man in so einer Stunde alles machen kann – nicht jeder schafft es in einer Stunde von Berlin aus nach Italien zu fahren und wieder zurück! Im Kindertanz Unterricht machen wir ein kleines Warm up mit einem BrainDance der auf die Fahrt nach Italien vorbereiten soll. Denn wir lernen heute einen Volkstanz aus Italien – eine Tarantella. Nachdem wir gemeinsam die unglaublich schmissige Musik der Tarantella gehört haben und dazu frei getanzt haben, ist hier doch ein bisschen Tanzgeschichte und auch Geographie nötig. Alle sind sich einig “Das ist das Land mit dem Stiefel.”

 

 

Über die Tarantella gibt es die wildesten Entstehungsgeschichten. Nach dem Aberglauben der Italiener konnte ein Biss der “Taranta”, einer giftigen Spinne, böse Folgen haben. Der Überlieferung nach, hatte das Gift dieser Spinne verschiedene Wirkungen, wie z.B. übermäßigen Ärger oder Wahnsinn die nur durch einen reinigenden Tanz geheilt werden konnten. “UUUUUhhh Spinnen” – alle sind sich einig, dass Spinnen irgendwie gruselig und ekelig sind. Nun gut.

 

Ich mache einen kleinen Koffer auf, den ich mitgebracht habe, in der sich eine Überraschung findet. Kleine Schellenringe* mit farbigen Bänder bestückt, die den Kindern ein schönes visuelles Erlebnis schenken.

 

Wir klopfen den Schellenring* zum Rhythmus der Musik, legen ihn beiseite und lernen eine Pas des basque. Die Kinder sind mit Dreierrhythmen vertraut und kennen auch schon eine Menge davon – Walzer, Pas de bouree und auch den lustigen Tinikling Dreier. Aber dieser ist gemein, er ist ganz anders als die anderen und vor allem anders als der von letzter Woche und nun kommt auch noch die Hand dazu, die einen anderen Rhythmus schlägt als die Beine ihn tanzen.

Alle sind eifrig dabei und ich kann sehen, dass dieser Pas de basque irgendwie unbequem ist. Während die Kinder um mich herum treiben und üben, sitzt Carolin ganz bedröppelt da und ist unzufrieden. Ich frage was los ist.

“Ich kann das nicht!”

“Noch nicht”, korrigiere ich und erkläre ihr, dass wir dies doch nun zum ersten mal machen und dass das ok ist und wir uns alle Zeit zum Lernen und Wachsen geben dürfen. Sie versteht das und doch hebt sich ihre Stimmung so gar nicht!

 

Hier muss eine andere Erklärung her!

 

“Dein Gehirn hat Straßen. Wir möchten hier nun eine Autobahn bauen. Deine Beine fahren aktuell auf einer kleinen Landstraße und deine Hände auf einer anderen kleinen Landstraße. Dieser Autobahnausbau das deine Hände und Beine zusammen kommen, braucht viel Übung und Zeit und wir werden das schaffen wenn wir dran bleiben.”

Carolin sieht mich an und das war für sie die richtige Erklärung und sie kann weiter machen.

 

Doch was passiert denn da im Gehirn???

 

Sobald motorisches Lernen ansteht werden sogenannte Engramme gebildet. Das Wort Engramm stammt aus dem griechischen und bedeutet grob übersetzt Inschrift im Gehirn. Jeder von uns bildet Engramme seit frühester Kindheit. Wir bekommen sensorische Reize durch unterschiedliche Systeme. Das optische, das auditive/akkustische, das vestibuläre, das taktile und kinesthätische Sinnessystem.
Ein großer Prozentsatz unserer Bewegungen werden durch das Auge koordiniert. Wir können z.B. bestimmen wo wir uns im Raum befinden und wie die Bewegung aussieht. Das akustische Sinnessystem hilft uns bei der Rhythmisierung der Bewegung. Das vestibuläre System unterstützt uns beim Gleichgewicht. Das kinästhetische System schafft uns Tiefensensibilität und leitet zu unseren Muskeln, Sehnen und Gelenken Empfindungen mit denen es uns möglich ist, ein Bewegungsgefühl zu erschaffen. Es verfeinert unser Kraftabstufungsvermögen und gibt uns die Möglichkeit zu spüren wo unsere Körperteile sich im Raum befinden. Das taktile Sinnessystem gibt uns Druck und Temperaturempfindungen sowie eine Differenzierungsfähigkeit in der Bewegung. Da ist also eine ganze Menge los da oben.

 

Um neue Bewegungen zu lernen werden neue Schalt und Kontaktstellen im Gehirn gebildet. Dies führt zur Gedächtnisbildung und einem Engramm, einem sogenannten Erinnerungsbild, das aktiviert wird – von den Muskeln durch unsere Nerven. Spannend hierbei ist, dass diese Engramme nur durch Übung, Zeit und das tatsächliche Tun gebildet werden. Wobei das Tun auch visualisiert möglich ist, das bedeutet die Vorstellung von Bewegung lässt auch neue motorische Programme wachsen. In dem Bereich mit Kindern ist dieses Verfahren dennoch recht ungeeignet und eignet sich mehr für Leistungssportler als für den Kindertanzunterricht oder ähnliches.

 

Ich wünsche Dir viel Freude bei Deinem Ausbau einer Autobahn, denn wir haben tatsächlich so viel Gehirnwindungsschnur dass sie 3 Mal um die Erde reichen würde.

Wenn du gerne Deine Gehirnwindungsschnur ausbauen möchtest, dann hüpfe rüber zu meiner Kindertanz Ausbildung oder zum grow with heART – dem einzigARTigen Club für Tanzpädagoginnen für Kinder & Kindertanz. Ich würde mich wie Bolle freuen Dich dort begrüßen zu dürfen.

 


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